Heptatoniken sind Tonleitern mit sieben Tönen. 




Heptatoniken aus Resonanzsicht

Alle uns bekannten Heptatoniken werden aus den 10 resonantesten Tönen im Spektrum einer Tonleiter, d.h. in einer Oktave gebildet.

Dabei passen nicht alle Tonleitertöne gleich gut, bzw. gleich resonant zusammen. Gewisse Tonleitertöne sind miteinander verwandt, d.h. sie sind durch starke Resonanzen untereinander verbunden und mischen sich dadurch besser miteinander als andere. Die Verwandschaft zeichnet sich rechnerisch am Nenner ab.

Tonleitern, deren sieben Töne bezüglich Resonanz besser zusammen passen, erscheinen uns 'logischer' und 'natürlicher', z.B. unser Dur und Moll, als solche mit Tonleitertönen, die wenig Resonanz unter sich aufweisen, wie z.B. das 'Minor-Major' oder 'Melodisch-Moll' in der Jazz-Harmonik, die weniger gut 'aufgehen', aber gerade darum interessant und attraktiv sind.

Die Verwandtschaft der Intervalle zeichnet sich, wie gesagt, im Nenner ab, da gleiche Nenner sich untereinander wegkürzen, wenn die Töne gleichzeitig erklingen (kleine Zahlen). Dadurch entsteht eine stärkere Resonanz zwischen den beiden Tönen. Wir können deshalb die Intervalle innerhalb der Tonleiteroktave nach den Nennern in Familien einteilen, solche, bei denen die 2 im Nenner vorkommt und solche mit 3 und mit 5.



Die Tabelle oben zeigt diese Familien. 

Mit Nenner 1 sehen wir Grundton und Oktave, also die beiden Eckpunkte jeder Tonleiter. Sie kommen definitionsgemäss in jeder Tonleiter vor, denn sie haben eine maximale Resonanz. Je kleiner der Nenner, umso stärker ist bekanntlich die Resonanz (kleine Zahlen). Die beiden nächstresonanten Intervalle haben die Nenner 2 und 3 und bilden die nächste Resonanzgruppe. Mit Quint und Quart enthält sie zwei sehr stark resonante Intervalle. Diese Intervalle kommen in praktisch allen Tonleitern vor und bilden stets eine eigentliches Skelett in der Tonleiter. Musikalisch spricht man bei Nenner 1 von der Tonika, bei Nenner 2 von der Dominante. Die Quarte mit Nenner 3 wird Subdominante genannt. Neben der Quart gehört mit Nenner 3 auch die grosse Sext in die Subdominant-Gruppe, die im Bezug zur Quarte eine starke Resonanz aufweist.

Tonika, Dominante und Subdominante haben nicht nur kleine Nenner, sondern auch alle Zähler kleiner als 5, ihre Brüche können somit allein aus den Primzahlen 2 und 3 gebildet werden. Kleine Zahlen bedeuten kleine Bauchzahlen und deshalb starke Resonanz. Deshalb sind Quart und Quint so wichtig und bilden das Skelett der meisten Tonleitern.

Die nächsten Intervalle haben alle grössere Zahlen in Nenner und Zähler. Sie bilden nun aber parallel mehrere Familien, die unter sich wieder resonant sind. Die Resonanzen der Tonleitertöne kommen dadurch zustande, dass sie zum Grundton und gleichzeitig zu einem anderen Tonleiterton resonant sind. Dies wird dadruch erreicht, dass sie die gleichen Primzahlen im Nenner haben. so gibt es eine deutliche Mollgruppe mit 5 im Nenner und eine Durgruppe mit 2, 4=2x2 und 8=2x2x2 im Nenner. die Intervalle in den Familien weisen sehr starke Resonanzen unter sich auf, so bilden die grosse Sept (15/8) und die grosse Terz (5/4) unter sich eine Quinte (3/2). Ihr gleichzeitiges Ertönen mit dem Tonleiter-Grundton als Dreiklang bildet den sehr eleganten Major-Akkord, der im Jazz als Basis-Durakkord gespielt wird.




Die natürliche Tonreihe ist nicht regelmässig

Wenn man die 10 resonanten Töne im Frequenzspektrum aufzeichnet, wird klar, dass die Anordnung alles andere als regelmässig ist. Die Anordnung kann linear d.h mit den absoluten Frequenzen aufgezeichnet werden, oder logarithmisch, ws eindeutig mehr unseren Hörgewohnheiten entspricht. Unten sehen sie beide Darstellungen, oben die lineare, unten die logarithmische.




In beiden Darstellung wird klar, dass es zwei Lücken gibt, in der unteren logarithmischen Darstellung ist das besonders deutlich. Die Lücken können gefüllt werden, wie sie unten sehen, doch die Frequenzen für die neuen Töne sind nicht eindeutig bestimmbar. Je nachdem, wie die Lücke erreicht wird, gibt es verschiedene Lösungen. Mehr Details finden Sie auf meiner Homepage.






Temperierte Stimmung

Ganz abgesehen von den Lücken können Sie feststellen, dass die Abstände zwischen den einzelnen Tönen stark variieren. Wenn Sie aber auf eine Klaviertastatur sehen, erscheinen alle Töne in gleichem Abstand (schwarze Tasten sind dabei einfach einzurechnen). Die Tonleitern, die wir mit reinen resonanten Intervallen erhalten, ordnen sich jedoch nicht linear, weder linear noch logarithmisch gesehen. 

Diese Unregelmässigkeit führt dazu, dass wir nicht so einfach den Grundton der Tonleiter wechseln können, ohne alle Töne zu verschieben. Wir können nicht modulieren, ohne die Sprossenabstände unserer Tonleitern zu verändern. Was wäre, wenn die Abstände überall gleich wären?



In der Abbildung oben erkennen sie die gleichstufig temperierte (rot) im Vergleich zur bisher besprochenen reinen Stimmung (blau). Bei der gleichstufigen Temperierung erhalten Sie zwölf genau gleich grosse Intervalle (Halbtonschritte). Das erlaubt nun ein beliebiges Modulieren und Wechseln in alle Tonarten, ohne dass das Instrument neu gestimmt werden muss. So eröffnet sich ein grosser Horizont an raffinierten Harmonien. Der Preis ist allerdings, dass die Intervalle nicht mehr rein sind, d.h. es handelt sich nicht mehr um unsere Brüche, jedenfalls nicht um die genauen. Alle Intervalle sind leicht verstimmt. Allerdings nur wenig, sodass die Resonanzen sich trotzdem einstellen, wenn auch verzögert und weniger rein.




Eine einziges Sprossensystem für sieben Tonleitern

Heptatoniken haben ein bestimmtes Sprossensystem, das sich in der Abfolge der Abstände der Stufen zeigt.

So hat z.B. unser Dur folgende Sprossenabstände:

C - D   Ganzton

D - E   Ganzton

E - F    Halbton

F - G   Ganzton

G - A   Ganzton

A - H   Ganzton

H - C   Halbton

Das Sprossensystem in Dur lautet also:

G - G - H - G - G - G - H

Wenn wir in der gleichen Stimmung bleiben und die gleichen Töne verwenden, aber den Grundton verschieben, erhalten wir eine neue Abfolge der Abstände:

      G - H - G - G - G - H - G

Diese Tonleiter hat als zweiten Abstand z.B. einen Halbton. Es handelt sich um die dorische Tonleiter. Wenn wir den Grundton weiter hinauf verschieben erhalten wir der Reihe nach, je nach Starton: 

1: Ionisch (Dur)

2: Dorisch

3: Phrygisch

4: Lydisch

5: Myxolydisch

6: Äolisch

7: Lokrisch

Es handelt sich um die Kirchentonarten Europas. Sie können alle mit den gleichen sieben Tönen gebaut werden. Schon vor der Erfindung der temperierten Stimmungen konnten sie auf den Kirchenorgeln, die ja nicht für jedes Stück neu gestimmt werden konnten, gespielt werden. Die sieben Tonarten verwenden zwar alle die gleichen sieben Töne, doch durch den unterschiedlichen Grundton erhalten Sie ein anders strukturiertes Sprossensystem und ihr Charaktere unterscheiden sich deshalb deutlich.