Warum Obertöne?
Obertöne spielen bei Resonanzen eine grosse Rolle. Sie sind für die Erklärung der Resonanzen unentbehrlich.
Die Obertöne werden schon seit langer Zeit zur Erklärung der Resonanzen und sogar der Tonleitern herangezogen. Wir werden die bekannten Erklärungen aufnehmen und mit neuen Erkenntnissen verbinden. Wenn Sie also schon im Musikunterricht von Obertönen gehört haben, werden Sie hier viel Bekanntes hören. Aufbauend auf diesem bekannten Wissen können Sie mit einer kleinen und einleuchtenden Ergänzung zu einem umfassenderen Verständnis der Resonanzen gelangen und dadurch erkennen, wie die Resonanzen zu den uns bekannten Tonleitern führen.
Saitenlängen, Schallwellen und Tonhöhen
Wenn eine Saite eines Instruments schwingt, ist die Schwingung eine stehende Welle.
Die schwingende Saite hat einen Bauch, weil sie in der Mitte mehr ausschwingen kann als an den beiden befestigten Enden, an denen sie gar nicht schwingen kann.
In der Mitte der Seite erkennen sie, sobald die Saite erklingt einen Bauch, wie in der Abbildung dargestellt.
Die Länge des Bauchs ist - aus physikalischen Gründen - proportional zur Wellenlänge des erklingenden Tons. Je länger die Saite ist, umso grösser ist die Wellenlänge, und umso tiefer erklingt der Ton. Höhere Töne haben kürzere Bäuche. Oder mit anderen Worten: Je kürzer der Bauch, desto höher ist der Ton, d.h. umso höher ist die Frequenz. Schnell schwingende, hochfrequente Wellen haben kurze Wellenabstände (Wellenlängen) und die kurzen Abstände ergeben einen hohen Ton:
Die Abbildung zeigt zwei Wellen, oben eine hochfrequente mit kleiner Wellenlänge, die hoch klingt, und unten eine tieffrequente mit grosser Wellenlänge, die tief klingt.
Was hat das nun mit den Obertönen zu tun?
Was sind Obertöne?
Auf einer Saite entstehen neben der einfachen Grundschwingung stets mehrere Nebenschwingungen. Diese Nebenschwingungen haben die gleiche Bedingung wie die Grundschwingung: sie müssen 'aufgehen', d.h. ihre Bäuche müssen auf der Saite so angeordnet sein, dass sie an den Saitenenden nicht ausschlagen. Wie die Grundschwingung können sie sich an den beiden Enden nicht bewegen, deshalb dürfen ihre Bäuche nur in der Mitte ausschwingen.
Was für Wellenlängen/Frequenzen können nun diese Nebenschwingungen haben? Wegen der oben genannten Bedingung, dass die Bäuche 'aufgehen' müssen, können diese Nebenschwingung nur ganzzahlige Vielfache der Grundschwingung sein. Das heisst, während die Grundschwingung einen Bauch hat, haben die Nebenschwingungen zwei, drei, vier usw. Bäuche und ihre Frequenz ist das Doppelte, Dreifache, Vierfache usw. der Frequenz der Grundschwingung.
Diese Nebenschwingungen, die natürlicherweise auf einer schwingenden Saite miterklingen sind die Obertöne.
Flageolett-Töne sind Obertöne
Musiker kennen Flageolett-Töne, das sind Töne auf einer Seite, die auf eine besondere Weise erzeugt werden und höher klingen als es der Grundton ist. Diese Töne sind Obertöne des Grundtons. Der am einfachsten zu erzeugende Flageolett-Ton ist der 1. Oberton, der eine Oktave höher klingt als der Grundton.
Auch als Nicht-Musiker können Sie auf einer Gitarre oder einer Geige Flageolett-Töne erzeugen.
Obertöne sind leiser
Bei Obertöne schwingt die ganze Saite nicht über die ganze Länge aus (siehe Abbildung oben). Deshalb ist der entstehende Ton schwächer. Obertöne sind deshalb stets leiser als der Grundton. Je höher der Oberton, umso mehr Knoten entstehen, umso mehr Stellen auf der Saite, die nicht schwingen und umso leiser ist der Oberton. Die Skala der Obertöne ist nach oben offen, doch je höher wir gehen, umso weniger erklingen sie.
Es braucht sehr viel Energie, damit die träge und starre Saite bei diesen hohen Frequenzen überhaupt noch schwingen kann.
Die Obertonreihe: Welche Obertöne gibt es?
Der erste Oberton ist stets eine Oktave höher als der Grundton, der zweite Oberton eine Duodezime (1 Oktave + 1 Quinte) höher als der Grundton. Wenn wir die nach oben offene Obertonreihe aufzeichnen, erhalten wir - für den Grundton 'Grosses C' folgende ersten 15 Obertöne:
Sie sehen, wie die Obertöne zuerst weit auseinander liegen und dann immer näher zueinander erklingen. Die Töne in Klammern entsprechen nicht genau unseren Tonleitertönen. Die Töne in grauer Farbe sind Wiederholungen bereits notierter tieferer Töne. Selbstverständlich kann die Obertonreihe beliebig lange fortgesetzt werden, doch je höher die Obertöne sind, umso schwächer erklingen sie.
Die Obertonreihe ist keine Tonleiter
Gelegentlich wird angenommen, dass die Obertonreihe eigentlich die natürliche Tonleiter wäre. Auch Lehrbücher, die diese Ansicht nicht vertreten, leiten doch unsere Tonleitern, z.B. unser Dur oder Moll von den Obertönen ab.
Solche Ableitung können Sie in praktisch allen Lehrbüchern und im Internet finden. Die Obertöne haben in der Tat etwas mit den Tonleitern zu tun. Obertöne haben zum Grundton eine Resonanz 2. Grades. Diese ist stark bei den tiefen Obertönen, lässt aber bei den höheren Obertönen schnell nach. Statt über die Resonanzen 2. Grades können die Tonleitertöne viel besser und einfacher über Resonanzen 3. Grades erklärt werden. Die Obertonreihe selber ist keine Tonleiter.
Wo gibt es Obertöne?
Nicht nur auf schwingenden Saiten entstehen Obertöne. Das gleiche Phänomen ergibt sich auch in einer angeregten Luftsäule, z.B. einer Pfeife. Auch hier hat die Grundschwingung einen Bauch und die Obertöne haben zwei, drei usw. Bäuche, genau wie auf der Saite. Der Grund dafür, dass es ganzzahlige Verhältnisse sind, ist der gleiche wie bei der Saite: Auch hier gelten an den Enden der Pfeife spezielle Bedingungen, die wie bei der Saite dafür sorgen, dass dort stets ein Knoten sein muss.
Die gleiche Ganzzahligkeit tritt bei jeder Schwingung in einem Objekt mit klaren Grenzen auf, sowie bei Kreisschwingungen, die wiederholt durchlaufen werden (z.B. in der Atomphysik). Immer gibt es eine Grundschwingung und Oberschwingungen, welche ein Ganzzahliges der Frequenz der Grundschwingung aufweisen.
Formel für die Obertöne
Wenn F(G) die Frequenz des Grundtons ist ist F(O) die Frequenz des Obertons und n eine ganze Zahl grösser 0, dann gilt:
F(O) = n x F(G)
Mit anderen Worten: Die Frequenz des Obertons ist ein ganzzahliges Vielfaches des Grundtons.
Bezüglich Resonanz besteht zwischen Grundton und Oberton eine Resonanz 2. Grades.
Obertöne und Quantenphänomene
Die physikalische Welt wurde im 19. Jahrhundert durch die Experimente von Max Planck geschockt, der erkennen musste, dass gewisse Experimente wider Erwarten nur ganz bestimmte Resultate liefern konnte. So erwartete die damalige Wissenschaft und auch der gesunde Menschenverstand, dass die Wellenlängen in einem erhitzten Hohlkörper ein kontinuierliches Spektrum aufweisen, das heisst, dass in einem gewissen Frequenzbereich Strahlen von irgendwelchen Frequenzen möglich sind. Das war aber nicht der Fall und Max Planck konnte nur ganz bestimmte Frequenzen messen.
Dies war der Ausgangspunkt der Quantenphysik, den geniale Forscher wie Einstein, Bohr, Heisenberg und viele andere als Erklärung dieser verblüffenden Beobachtung entwickelten.
Meine Verblüffung war nun, bei der Beschreibung dieser Quanteneffekte in einem Physiklehrbuch Bilder zu finden, die zur Erklärung von Quantenphänomenen genau die gleichen Obertöne zeigen, wie die Lehrbücher zur Musiktheorie.
Die Obertöne stellen m.E. nichts anderes dar als Quanteneffekte in einem uns direkt zugänglichen Erfahrungsbereich. Die Formeln der Quantenphysik enthalten ein 'n', also eine natürliche Zahl, die 1 oder höher sein kann. Diese Zahl bestimmt rechnerisch die Resultate, z.B. die Wellenlänge, die so nur ganz bestimmte Werte annehmen können. Die Parallelität der Phänomene ist m.E. offensichtlich.